Einordnungen aus der Sicht der Jing Wu Kung Fu Schule Köln
Einführung
Die Palette der in der westlichen Welt verbreiteten Kampfsportarten und Kampfkünste ist in der jüngeren Vergangenheit schnell und stetig angewachsen. Das wachsende Angebot korrespondiert mit einer ansteigenden Menge an Interessierten, an Übenden und einer interessierten Öffentlichkeit. Diesem Informationsbedürfnis steht die Tatsache gegenüber, dass das gesamte Phänomen des Kampfes und des Zweikampfes durch zwei Begriffe semantisch geprägt ist: Kampfsport und Kampfkunst.
Was also ist Kampfsport, was ist Kampfkunst, und wer ist Kampfsportler, wer ist Kampfkünstler?
Vorab sei gesagt, dass dieser Artikel nicht trennen soll.
Er soll keine Wertungen vornehmen, keine Vorurteile bedienen.
Er ist lediglich ein Versuch, den Gehalt der beiden Begriffe Kampfsport und Kampfkunst zu ergründen, sowohl Trennlinien wie auch Schnittmengen zu finden. Und nicht zuletzt soll der Beitrag die
Stile der Jing Wu Kung Fu Schule Köln positionieren.
Relevant für die Reflexion der beiden Begriffe Kampfsport und Kampfkunst sind mindestens vier Bereiche:
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Die Ziele der Kampfsportarten / Kampfkünste
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Trainingsinhalte von Kampfsportarten und Kampfkünsten
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Kampfsport und Kampfkunst in ihrer Relevanz für die Selbstverteidigung
- Der Schüler als Kampfsportler oder Kampfkünstler
" Einige Kampfsportarten sind bei den Zuschauern wegen ihrer guten Wirkung und ihrer flüssigen Techniken besonders beliebt. Vorsicht ist jedoch angebracht: Sie sind wie verwässerter Wein. Und
gepanschter Wein hat keineswegs die Qualitäten des Originalerzeugnisses. (...)
Manche Kampfsportarten sehen nicht so ansprechend aus, aber man weiß, dass sie etwas Charakteristisches, einen Pfiff, die Ausstrahlung der Echtheit haben. Sie sind wie Oliven, streng und
vielleicht bittersüß im Geschmack. Doch ihr Aroma bleibt. (...)
Sich intensiv mit einer Kampfkunst zu beschäftigen ist dem Erlebnis des Buddhismus vergleichbar. Man kann einem Tempel oder einer Kampfkunst-Schule beitreten. Man folgt den einfachen Wegen
der Natur. Und man erfährt ein Leben von bisher nicht erlebter Fülle."
Bruce Lee, Jeet Kune Do, Seite 1
1.Die Ziele der Kampfsportarten / Kampfkünste
In Kampfsportarten sind die Ziele klar definiert. Es geht um den bestmöglichen Trainingsprozess für sportliche Leistungen. Meist sind die Ziele schon innerhalb der Trainingseinheiten im Einzeltraining sowie im Partnertraining messbar, spätestens aber bei Prüfungen oder Wettkämpfen. Es geht darum, Techniken schneller, höher, kraftvoller etc. auszuführen. Es geht um Fortschritte bei Bruchtests, es geht um Punkte, im weiteren Sinne um genormte und vergleichbare Leistungen.
Mit dem Ende von Trainingseinheiten endet im wesentlichen auch die Wirkung und Bedeutung des Sports. Und meist ist dies auch von den Sportlern gewünscht.
In den Kampfkünsten ist vieles diffuser. Schon im Training geht es um das Ausfüllen einer Kunst mit all ihren historischen, philosophischen, umfassenden Hintergründen. Und weit über die Trainingseinheiten hinausgehend erhält die Kunst einen Einfluss auf das sonstige Leben, die Persönlichkeit der Übenden. Das passiert in einer Art und Weise, wie der Schüler dies individuell wünscht; in seinem Tempo, in seiner Ausprägung. In der Jing Wu Schule Köln bekommen die Schüler, und insbesondere die Anfänger, einen größtmöglichen Freiraum.
"Die Kunst ist der Weg zum Absoluten und zum Wesentlichen im menschlichen Dasein. Das Ziel der Kunst ist nicht die einseitige Ausbildung oder Förderung des Geistes, der Seele oder der Sinne, sondern ein Öffnen aller menschlichen Fähigkeiten, Gedanken, Gefühle, Willen, zu diesem Lebensrhythmus der Welt der Natur. Nur so wird auch die lautlose Stille gehört werden und das eigene Sein kann sich harmonisch mit ihr verbinden.
Bruce Lee, Jeet Kune Do, Seite 15
2.Trainingsinhalte von Kampfsportarten und Kampfkünsten
In Kampfsportarten sind die Trainingsinhalte, die Übungen, die Trainingseinheiten ausgerichtet an Erkenntnissen der Trainingswissenschaften. Die Trainingssteuerung ist ausgerichtet auf Makro-, Meso- und Mikrozyklen; die Leistungsplanung wird bestimmt durch den Zeitplan von Wettkämpfen.
In den Kampfkünsten geht es in den Trainingseinheiten um ein vertieftes Verständnis der Inhalte der Kunst. Die Schüler gehen den Weg dieser Kunst. Sie nehmen aus den Trainingseinheiten immer ein Stück mit in ihr sonstiges Leben. In den fortgeschrittenen Bereichen des Weges geht es um ein individuelles Verständnis in Übereinstimmung mit der gewachsenen Persönlichkeit.
3.Kampfsport und Kampfkunst in ihrer Relevanz für die Selbstverteidigung
Kampfsportarten funktionieren mit ihren Inhalten innerhalb eines festgelegten Systems von Regeln.
Im Judo erleichtern die Anzugjacken das Greifen des Gegners, Schläge und Tritte sind verboten. In allen Sportarten müssen die gefährlichsten und verltetzungsträchtigsten Techniken verboten sein, weshalb Stoßtritte zum Knie, Tritte zu den Genitalien oder zum Standbei nicht erlaubt sein können. Stattdessen sehen Zuschauer hohe Fußtechniken, weil sie spektakulär sind. Schutzausrüstungen dämpfen die Trefferwirkungen und erlauben auf diese Weise Kämpfe über 10 oder mehr Runden. All dies verändert die Art und Weise des Kampfes. Unter diesen verändernden Bedingungen erleben Teilnehmer wie Zuschauer ein verändertes Abbild der tatsächlichen Natur des Zweikampfes.
Kampfkünste hingegen orientieren sich an der Natur des Kampfes ohne verändernde Regeln. In den Künsten versuchen die Ausübenden, die Bedingungen für den Ablauf des Kampfes so real wie möglich zu erhalten. Die unter diesen Umständen eintrainierten Abläufe, Bewegungen, Taktiken haben sich in den traditionellen Künsten in Jahrhunderten herausgebildet und haben über Jahrhunderte ihre Wirksamkeit unter Beweis gestellt. Natürlich treffen die allermeisten Kampfkunstschulen Vorkehrungen, die auch bei der Simulation realistischer Kämpfe die Sicherheit der Schüler gewährleisten.
Auch in der Jing Wu Schule Köln genießt die Sicherheit der Schüler Priorität. Alle Techniken sollen realistisch sein, ohne die Gesundheit der Übenden zu gefährden.
4.Der Schüler als Kampfsportler oder Kampfkünstler
In den Kampfsportarten muss sich der einzelne Schüler dem Regelwerk anpassen. Weil jeder Wettkampfsport vergleichbare Bedingungen und Chancengleichheit erfordert, bringt der Wettkampf zwangsläufig eine Nivellierung (Angleichung) mit sich.
In den Kampfkünsten gibt es keinen ähnlichen Druck zur Vereinheitlichung. Das Individuum kann sich freier entfalten, die Kunst für sich ausfüllen und interpretieren.
Trennlinien und Schnittmengen der Begriffe Kampfsport und Kampfkunst
Wenn bis hierher der Eindruck einer trennscharfen Abgrenzung zwischen Kampfsport und Kampfkunst entstanden sein sollte, so muss spätestens jetzt gesagt werden, dass die Übergänge sehr fließend sind.
So gibt es z.B im Karate die Variante des Sportkarate einerseits und andererseits die Variante des Karate Do, ausdrücklich mit der Betonung des Do, des Weges der Kunst. Und auch in den Kampfkünsten kann es den Wunsch der Übenden nach Wettkämpfen geben, um sich vergleichen und messen zu können, ohne dafür die Identität als Kampfkünstler aufzugeben.
So verhält es sich z.B. auch mit den allermeisten traditionellen Kung Fu Schulen (und auch der Jing Wu Schule Köln). Auch wenn traditionelle Kung Fu Übende sich für Wettkämpfe zusammenfinden, sehen sich die Traditionalisten im Kung Fu recht geschlossen als Kampfkünstler, weil sie alle Hintergründe der Kunst mit übernehmen und bewahren wollen.
Fazit
Kampfsport und Kampfkunst lassen sich nicht immer scharf voneinander trennen. Es gibt Schnittmengen, Ausnahmen, Übergänge etc. Im traditionellen Kung Fu überwiegt sowohl bei den Meistern wie bei den Schülern deutlich die Meinung, dass Kung Fu eine überlieferte Kampfkunst ist, die auch heute als Kampfkunst ausgefüllt werden sollte. Letztendlich können aber die traditionellen Kung Fu Schulen (und auch die Jing Wu Kung Fu Schule Köln) den Schülern keine vereinheitlichte Philosophie vorschreiben; alle Schüler müssen im Laufe ihrer Ausbildung und ihres Lebens entscheiden, wann und wieviel sie von der Kunst annehmen wollen.
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Thomas Berg (Montag, 12 Februar 2018 12:25)
Ich selbst treniere MMA, aber ich glaube dass Kung Fu etwas tolles ist und für mich ist Kung Fu eine Kampfkunst, die nicht alle verstehen...
sifu (Montag, 12 Februar 2018 20:05)
Kung Fu ist faszinierend; es ist über Jahrhunderte perfektioniert worden. Es ist eine große Herausforderung für die Unterrichtenden, die Kampfkunst Kung Fu für alle Interessierten verständlich zu machen.